Mit dem Nahverkehr von Hessen nach Sachsen und zurück

Seit Mai 2023 ist es da, das Deutschlandticket. Dass wir dieses indirekt dem verrückten Typen im Osten mit den Atomraketen zu verdanken haben, ist eine traurige Randnotiz und hätte ich eigentlich gerne nicht erwähnen müssen. Schöner wäre, wenn der Anlass für das Ticket die Erkenntnis gewesen wäre, dass der Nahverkehr in Deutschland kompliziert ist. Zu kompliziert, sodass Frau Normalverbraucher ohne Auto kaum weiter fährt, als über die Zonen... ähhh Stadtgrenze hinaus.

Der Vorgänger des Deutschlandtickets wurde im Sommer 2022 für drei Monate zu jeweils 9€ pro Person angeboten. Damals kam der ÖPNV und dessen Angestellte durch mehreren Faktoren an seine Grenzen. Wegen der Flut an Menschen, die in den drei Monaten reisen wollten, kam es permanent zu überfüllten Zügen und damit Verspätungen und Zugausfällen. Die Ursache war hier sicherlich nicht nur der günstige Preis des Tickets, sondern auch die Angebotszeit von Juni bis August, also ziemlich genau in der Ferienzeit in Deutschland. Diese wird von der Bahn regelmäßig dazu genutzt, um Schäden an den Strecken auszubessern, weil weniger gereist wird... das war diesmal anders. Durch die Baustellen kam es also noch zusätzlich zu Verspätungen. Und im Sommer 2022 war auch Corona noch nicht vorbei. Es galt Maskenpflicht in den Zügen und Bussen. Leider wurde diese von einigen Menschen nicht mehr beachtet - Kontrolleure mussten sich also zu allem Übel auch noch mit Fahrgästen herumärgern, welche die Maskenpflicht ignorierten. ... Die armen Angestellten! Alles in allem muss man aber sagen, dass die 9€ pro Monat trotzdem unfassbar günstig, ja, fast geschenkt waren und das System ÖPNV trotzdem nicht kollabiert ist.

Jetzt ist fast alles anders. Das Ticket kostet ca. fünfmal so viel und der Startzeitpunkt liegt nicht in den Sommerferien. Außerdem kann man annehmen, dass viele, die gerne und günstig reisen, es schon im letzten Jahr getan haben. Zu den "normalen" Pendlerströmen dürften also nicht sooo viele Bahnfahrer hinzu kommen, die vorher mit dem Auto, mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs waren.

Und genau diese Beobachtung haben wir gemacht, als wir am verlängerten Wochenende mit Brückentag von Hessen nach Sachsen in die Leipziger Tieflandsbucht gefahren sind. Laut Reiseplan ca. 7:45 Stunden Fahrt für etwa 400 km. Fünf mal Umsteigen inklusive. Und was soll ich sagen - es hat reibungslos geklappt. Wir konnten jeden Anschlusszug erreichen. In Bebra, der Eisenbahnerstadt im Norden von Hessen, hat die Zeit sogar für den Kauf eines Fischbrötchens gereicht. Mhhhh :-P Es gab bis auf einen Zug immer einen Sitzplatz und die lange Fahrt konnten wir gut mit Lesen oder aus dem Fenster schauen überbrücken. Wie man eben so reist, wenn man es nicht eilig hat. Die Rückfahrt hat genauso ohne Probleme geklappt.

Zufälligerweise erschien erst kürzlich auf tageschau.de ein Artikel über ein Zwischenfazit nach einem Monat Deutschlandticket. Auch hier bekommt man nicht den Eindruck, dass das Ticket zwangsweise zu besonders überfüllten Zügen führt. Statt dessen läge das am besonders guten Wetter über Pfingsten.

Mal sehen, wo uns die nächste Fernreise mit dem Nahverkehr hinführt... Ich bin gespannt und schon jetzt ein Fan des Deutschlandtickets!